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Die Milgram-Experimente

In den nach dem Sozialpsychologen Stanley Milgram benannten Experimenten, die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts an der Yale Universität durchgeführt worden waren, ging es darum zu zeigen, dass auch ganz normale Menschen die Bereitschaft haben, sich einer Autorität zu beugen und offensichtlich "unmenschliche" Anordnungen zu befolgen. Freiwillige wurden unter dem falschen Vorwand gewonnen, dass sie sich an einem Experiment beteiligen sollen, bei dem es um Erinnerungsvermögen und Lernfähigkeit ginge. Es solle untersucht werden, welche Rolle Bestrafung auf den Lernerfolg habe. Jeweils zwei Probanden nehmen an einem Experiment teil, d.h. einer in der Schüler- und einer in der Lehrerrolle. Ein manipuliertes Losverfahren stellte sicher, dass sich in der Schülerrolle ein Institutsmitglied befand. Der ,,Lehrer'' kann und soll den Schüler für einen mangelnden Lernerfolg bestrafen. Dazu stehen ihm dreißig Kippschalter zur Verfügung, die laut Beschriftung dem ,,Schüler'' beim Einschalten Stromstöße von 15 bis 450 Volt verursachen. Außerdem werden die Stromstärken noch mit folgenden Aufschriften erläutert: ,,Leichter Schock'', ,,Mittlerer Schock'', ,,Schwerer Schock'', ,,Sehr schwerer Schock'' und außerdem einer der sagte, dass die Betätigung gefährlich sei und es sich um einen bedrohlichen Schock handele. Die nachfolgenden Schalter sind dann nur noch mit ,,XXX'' beschriftet, was darauf schließen lässt, dass sie möglicherweise eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben des Probanden darstellen.

Dem ,,Lehrer'' wird vom Versuchsleiter erklärt, dass er für jede falsche Antwort des Schülers, der sich in einem anderen nicht einsehbaren Raum befindet, einen der Schalter betätigen soll. Der ,,Schüler'' macht zu Beginn des Experimentes noch darauf aufmerksam, dass er ein schwaches Herz habe, aber der Versuchsleiter wirkt beschwichtigend auf den ,,Lehrer'' ein.

Das schockierende an diesem Experiment war, dass die große Mehrheit der Versuchspersonen (62 %) bis zur höchsten Voltzahl, also 450 Volt, d.h. eine tödliche Dosis vorstieß. Einige Versuchspersonen mussten allerdings durch Aufforderungen des Versuchsleiters gedrängt werden weiterzumachen. ,,Bitte fahren Sie fort!''. ,,Es ist im Interesse des Experimentes, dass Sie jetzt weitermachen!'' oder ,,Sie haben keine Wahl, sie müssen unbedingt weitermachen!''

In späteren Experimenten änderte Milgram den Versuchsaufbau in einigen Details. Statt im seriösen Yale Institut ließ er das Experiment in einem heruntergekommenen Bürogebäude durchführen. Der Versuchsleiter war nun salopp gegleidet. In dieser Versuchsanordnung folgten nur noch 48 % Prozent - auch wenn diese Zahl immer noch erschreckend hoch ist - dem Versuchsleiter in blindem Gehorsam.


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Bernd Klein 2006-06-12