Lügen mit Statistik

Allgemein

Statistik in der Umgangssprache


Den meisten geht es wohl so, dass sie, wenn sie die Begriffe Wahrscheinlichkeit oder Statistik hören, an Tabellen oder Diagramme denken, die vollgestopft mit Zahlen die Ergebnisse von wissenschaftlichen Untersuchungen darstellen. Aber jeder - und dies ist sicherlich keine unzulässige Verallgemeinerung - benutzt im täglichen Sprachgebrauch Wörter und Begriffe, die eine quantitative Wertung von Sachverhalten darstellen. Allerdings machen wir in unseren Formulierungen leider allzu oft grobe Fehler, wenn es um die Zuordnung von Größenverhältnissen geht.

Besondere Probleme bereiten in der Sprache die Indefinitpronomen (unbestimmte Fürworte).  Einige Indefinitpronomen drücken unbestimmte Zahlbegriffe aus oder dienen dazu, -  mathematisch gesprochen, - Existenz- oder Allaussagen zu treffen, wie z.B. die Wörter  "alle", "keiner", "jeder" oder "niemand".  Beispiele zu finden ist nicht schwierig:

  • Man stelle sich jemanden vor, der sich über mangelnde Hilfe beklagt und sagt "Niemand hilft einem  hier!"  Meistens  ist  es jedoch so,  dass er zwar  Hilfe erhält, aber in  - wie er meint - unzureichender  Form.  Deshalb darf er sich auch nicht wundern, wenn ihm sofort widersprochen wird mit Sätzen wie: "Aber ich habe dir doch schon manches Mal geholfen!" oder "Am ...  haben wir dir doch geholfen"
    Einer Aussage mit "niemand" oder "keiner" kann also einfach durch Nennung eines einzigen Gegenbeispiels wiedersprochen werden. Also ist es besser zu sagen "Zu wenige helfen mir" 
  • Ähnliches gilt natürlich auch in gesellschaftlich brisanteren Themen. Wenn jemand sagt "Alle Arbeitslosen sind faul!" zieht er sich mit Recht nicht nur den Zorn der Arbeitslosen sondern auch weiter Kreise der Bevölkerung auf sich. Ebenso wie ein naiver Zeitgenosse der behauptet:  "Kein Arbeitsloser ist faul!"  Beide treffen eine nicht haltbare Verallgemeinerung oder Allaussage.
    Weniger angreifbar ist jemand, wenn er oder sie sagt: "Es gibt viele faule Arbeitslose!" Diese Aussage gibt keine konkrete Angaben, wie hoch der Anteil der Arbeitsunwilligen ist, aber die Aussage ist wenigstens korrekt. Korrekt vor allem deshalb, weil der Begriff "viele" schwammig genug ist. Ist ein Fünftel schon viel oder erst, wenn es über fünfzig oder gar über neunzig Prozent ist? Prinzipiell könnte es sogar sein, dass eine Person unter "viele" soviel versteht, wie ein anderer, wenn man in obigem Satz "viele" durch "einige" ersetzt.
Bei jedem - diese Verallgemeinerung ist sicherlich zulässig - sollten die Alarmglocken klingeln, wenn er oder sie Indefinitpronomen wie "alle", "keiner", "jeder" und so weiter benutzen will. Wenn man diese Verallgemeinerung konsequent vermeidet bzw. relativiert, beugt man falschen Aussagen vor und macht damit eigene Argumente unangreifbar oder zumindesten schwerer angreifbar.

"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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