Lügen mit Statistik

Begriffe

Bitte lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Hauptartikel "Schönfärberei einer grausamen Wirklichkeit"

"arbeitslos"

Eine problematische Definition

Bereits in der Grundschule lernt man in Deutschland und wohl auch sonst in der Welt, die Anzahl von Dingen und Personen zu bestimmen. Aber während es normalerweise keine Probleme macht, Dinge des täglichen Lebens zu zählen, wie z.B. die Anzahl von Äpfel in einem Korb, Geld im Geldbeutel usw., sieht es bei abstrakten Begriffen bedeutend schwieriger aus, z.B. die Anzahl der zufriedenen Leute einer Stadt. Wann ist jemand zufrieden? Häufig nicht, wenn man arbeitslos ist. Aber wie sieht es mit den Arbeitslosen aus. Kann man die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland exakt bestimmen, wie es amtliche Statistiken suggerieren?

Eine wesentliche Bedingung für die Abzählbarkeit verlangt, dass es möglich ist, in jedem Einzelfall eindeutig und zweifelsfrei bestimmen zu können, ob jemand zu einem bestimmten Zeitpunkt arbeitslos ist.
  
Doch was sind die Kriterien, die persönliche Arbeitslosigkeit definieren. Ist man zum Beispiel einer Arbeitsloser, wenn man
  • eine Stelle sucht,
  • Sozialhilfe erhält,
  • beispielsweise einen akademischen Abschluss hat, keinen adäquaten Beruf findet, sich aber weigert eine (extrem) unterqualifizierte Tätigkeit anzunehmen.
  • arbeiten könnte, aber es vorzieht keiner Erwerbstätigkeit nachzugehen, wie zum Beispiel ein nicht arbeitender Ehepartner. Anders ausgedrückt: Jemand hat keinen Job, will und braucht auch keinen,
  • gerne arbeiten möchte, - wie zum Beispiel ein Ehepartner, der sich bisher um die Kinder und Haushalt gekümmert hatte, - aber sich nur privat also nicht über die Agentur für Arbeit bewirbt,
  • sich nicht um eine Arbeit bemüht, weil man es sowieso als aussichtslos ansieht,
  • sich im Vorruhestand befindet,
  • ein bestimmtes Alter überschritten hat oder noch nicht überschritten hat,
  • längere Zeit krank ist,
  • an einer Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt, während man gleichzeitig nach einer Arbeit sucht, aber kein Geld von der BA erhält,
  • von der Bundesagentur für Arbeit bezahlt wird, und gleichzeitig im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungs-Maßnahme in einem Betrieb arbeitet oder zum Beispiel an einer geförderten Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt
  • Geld von der Bundesagentur für Arbeit bezieht,
  • es vorzieht, - wobei dies in den meisten Fällen keine ganz freiwillge Entscheidung war - unter Brücken und Bahnunterführungen zu leben und von dem zu leben, was Passanten in den Hut werfen
  • beim der Agentur für Arbeit zwar als Arbeitssuchender gemeldet ist, aber keine Leistungen erhält,
  • man eine Sperre der Arbeitslosenbezüge erhalten hat?
Diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Die Punkte sind natürlich nur als Denkanstöße für die Problematik einer Definition der Arbeitslosigkeit gedacht und definieren keineswegs den Begriff  "arbeitslos".

Offiziell ist eine Person arbeitslos (zumindest 2006) wenn sie vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung (weniger als sieben Kalendertage) ausübt (nach § 101, Abs. 1 AFG).
Nicht als Arbeitlose gelten nach dem Gesetz:
  • ältere Arbeitslose, die nicht mehr ins Berufsleben zurückkehren wollen
  • Arbeitslose in Umschulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen
  • die sogenannte "Stille Reserve", d.h. Arbeitslose, die wegen fehlender Ansprüche oder mangelnder Chancen nicht oder nicht mehr gemeldet sind.
Diese gesetzliche Regelung lässt trotz zahlreicher Kommentar viele Zweifelsfälle offen und außerdem sind Gesetze änderbar und werden geändert. sodass bei statistischen Vergleichen verschiedener Jahre, besonders wenn sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, meistens andere und damit nicht  oder nur schwer vergleichbare Messwerte zugrunde liegen.





"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

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