Lügen der Wissenschaftler

Wissenschaft

Mammographie und Wahrscheinlichkeit



(Achtung: In diesem Beispiel geht es natürlich nicht darum, ob Mamographie sinnvoll ist oder nicht, ebensowenig darum, ob man deren Ergebnissen trauen kann. Dies ist nur ein Beispiel, wie falsch verstandene Statistik oder Wahrscheinlichkeitsrechnung schlimme Folgen haben kann.)

Stellen wir uns vor, dass sich eine Frau routinemäßig einer Mammogrphie unterzieht. Die Untersuchung verläuft positiv, d.h. es besteht der Verdacht auf Brustkrebs. Verzweifelt fragt sie den Arzt, wie große die Chancen seien, dass er sich geirrt habe. Der Arzt sagt, dass nach seinen Berechnungen Ihre Chancen leider nur bei 20 bis 30 Prozent liege, dass das Ergebnis falsch sei.

Für seine Berechnungen lagen dem Arzt folgende Angaben vor:
Ein Prozent der Frauen, die sich regelmäßig einer Mammogrphie unterziehen, haben Brustkrebs. In 80% der Fälle ergibt sich für Frauen mit Tumoren in der Brust ein positiver Befund. In 9,6 % der Fälle zeigt sich jedoch auch bei gesunden Frauen ein positiver Befund.


Diagram Unser Arzt ist in "guter" Gesellschaft. Nach "Casscells, Schoenberger, and Grayboys" (1978) können nur etwa 15 % der Ärzte diese Aufgabe korrekt lösen und die meisten schätzen die Wahrscheinlichkeit, dass die Frau wirklich Brustkrebs hat auf  70 bis 80 %. (Es geht hier keinesfalls um Ärzteschelte, andere Berufsgruppen würden hier sicherlich nicht besser abschneiden!) In dem Artikel "Communicating Statistical Information" (Science Magazin, 22 December 2000) kommen die Autoren in einem ähnlichen Beispiel sogar zu dem Ergebnis, dass gar nur einer von 24 Medizinern zu dem richtigen Ergebnis kommt.

Doch wie kommt man zur korrekten Lösung?
Sie funden die richtige Lösung ganz am Schluss dieses Artikels, falls Sie sich die folgende mathematische Herleitung ersparen wollen.

 Sicherlich ist das nebenstehende Diagramm  hilfreich. (Achtung: Diagramm ist nicht maßstabsgetreu!)
Wir wissen, dass 1 % aller Frauen, die sich regelmäßig einem Scann unterziehen haben Brustkrebs. In 80 % der Fälle erhalten wir dann einen korrekterweise positven Befund.
Wenn man also z.B. weiß, dass eine Frau Brustkrebs hat, dann wird man mit 80 prozentiger Sicherheit einen positiven Befund erhalten.
Mathematische Notation:
(Abkürzungen:
B = Brustkrebs,
Pos = positiver Befund durch Untersuchung,
G = Gesund.)
 Ausgedrückt als bedingte Wahrscheinlichkeit:
P( Pos | B ) = 0.8
P( Pos | G ) = 0,096
P(B) = 0,01
P(Pos) = 0,8 * 0,01  + 0,096 * 0,99 = 0,10304

Wie groß ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem vorliegenden positiven Befund eine Frau wirklich einen Tumor in der Brust hat, d.h. P(B | Pos)? Unter Anwendung des Bayes Theorems kann man nun ganz einfach die bedingte Wahrscheinlichkeit ausrechnen:

P(B | Pos)  = P(Pos | B)  *  P(B)  /  P(Pos)

P(B | Pos) = 0.8 * 0,01 / 0,10304 = 0,07764

Die Aussichten für unsere beängstigte Frau liegen also bedeutend besser, als es ihr Arzt ihr progrnostizierte:
Die Wahrscheinlichkeit, dass sie wirklich Brustkrebs hat, liegt also nur bei 7,8 %!




Anmerkung: Ein weiteres ausführlich ausgearbeitetes Beispiel zu dieser Problematik finden Sie auf unserer Webseite "Python-Kurs". In dem Kapitel "Einführung in die Text-Klassifikation" befindet etwa in der Mitte ein ausführliches Beispiel über "Bedingte Wahrscheinlichkeit"



"Es gibt drei Arten von Lügen: Lügen, verdammte Lügen und Statistiken." (Benjamin Disraeli)

© Copyright 2004 - 2010, Bernd Klein
mit freundlicher Unterstützung von Bodenseo: Linux-Schulungen: Kurse und Seminare, Suchmaschinenoptimierung